Sondervermögen Infrastruktur: Hoffnungsträger für Deutschlands Kommunen
- Lehmitz
- vor 1 Tag
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In Deutschlands Kommunen knirscht es seit Jahren im Gebälk – und das nicht nur sprichwörtlich. Marode Brücken & Straßen, überalterte Schulen, sanierungsbedürftige Verwaltungsbauten und veraltete digitale Infrastrukturen sind vielerorts an der Tagesordnung. Die kommunale Investitionslücke hat sich über Jahrzehnte aufgestaut – mit spürbaren Folgen für Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und die Lebensqualität in Städten und Gemeinden. Vor diesem Hintergrund ist das Sondervermögen „Infrastruktur“ ein bedeutender Schritt, um dringend benötigte Mittel gezielt bereitzustellen und nachhaltige Entwicklung zu ermöglichen.
Sondervermögen „Infrastruktur“?
Das Sondervermögen „Infrastruktur“ ist ein staatlicher Finanzierungsrahmen, der außerhalb des regulären Haushalts eingerichtet wurde. Es umfasst ein Gesamtvolumen von 500 Milliarden Euro über zwölf Jahre (bis 2036). Ziel ist es, gezielt Investitionen im Bereich der öffentliche Infrastruktur zu fördern – etwa in Verkehrswege, Bildungseinrichtungen sowie die Digitalisierung oder den kommunalen Klimaschutz.
Von diesen 500 Milliarden Euro sind 100 Milliarden Euro direkt für Länder und Kommunen vorgesehen. Die genaue Verteilung liegt bei den Bundesländern, die darüber entscheiden, welcher Anteil tatsächlich an die Kommunen weitergeleitet wird. Weitere 100 Milliarden Euro fließen in den Klima- und Transformationsfonds, der ebenfalls kommunale Projekte unterstützen kann. Die restlichen 300 Milliarden Euro sind für Infrastrukturmaßnahmen auf Bundesebene bestimmt – beispielsweise für Schienenwege, Bundesfernstraßen und Wasserstraßen.
Gerade für finanzschwache Städte und Gemeinden eröffnet sich eine historische Chance, lange aufgeschobene Investitionen endlich anzugehen – vorausgesetzt, die Mittel stehen in ausreichendem Umfang zur Verfügung und sind praxisgerecht ausgestaltet.
Warum ist das insbesondere für Kommunen so wichtig?
Kommunen tragen einen Großteil der öffentlichen Infrastruktur in Deutschland – von Straßen und Schulen bis zu Kitas, Sportstätten und Verwaltungsgebäuden. Gleichzeitig kämpfen sie vielerorts mit zunehmend knappen Haushaltsmitteln, insbesondere in strukturschwachen Regionen. Selbst bei dringendem Investitions- und Unterhaltungsbedarf fehlt schlichtweg der haushaltswirtschaftliche Spielraum, es scheitert an der Kofinanzierung oder der Möglichkeit eigener Kreditaufnahmen.
Das Sondervermögen könnte hier gezielt ansetzen: mit niedrigschwelligen Förderzugängen, langfristiger Planungssicherheit und gezielter Unterstützung besonders belasteter Kommunen. Zudem bietet es Impulse für Zukunftsthemen wie klimaneutralen Bau, flächendeckende Digitalisierung oder nachhaltige Mobilitätskonzepte.
Wirtschaftlichkeitsberechnungen und die Rolle der Doppik
Mit dem Zugang zu Fördermitteln aus dem Sondervermögen ist für Kommunen auch die Pflicht verbunden, fundierte Wirtschaftlichkeitsberechnungen vorzulegen. Diese haushaltsrechtliche Verpflichtung ist mehr als ein formaler Schritt – sie ist ein zentrales Instrument für eine strategische und verantwortungsvolle Haushaltsführung.
Besonders im Kontext des Neuen Kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens, das auf die Doppik (Doppelte Buchführung) setzt, gewinnen solche Analysen an Bedeutung. Die Doppik ermöglicht es Kommunen, Investitionen nicht nur nach kurzfristiger Kassenlage, sondern auch nach ihrem langfristigen Nutzen und dem Ressourcenverbrauch zu beurteilen.
Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen – etwa statische oder dynamische Kosten-, Lebenszykluskosten- oder Nutzwertanalysen – helfen dabei, tragfähige und nachhaltige Investitionsentscheidungen zu treffen.
Im doppischen System werden Investitionen aktiviert und über ihre Nutzungsdauer abgeschrieben – ein Ansatz, der Instandhaltung, Substanzerhalt und die strategische Investitionsplanung deutlich stärker in den Fokus rückt als in der herkömmlichen zahlungsorientierten Verwaltungskameralistik.
Chancen und Herausforderungen für die Daseinsvorsorge
Das Sondervermögen "Infrastruktur" könnte den Kommunen die historische Möglichkeit bieten, in einem zunehmend kritischen Finanzierungsumfeld große Investitionsvorhaben zu realisieren, ohne den regulären Haushalt zusätzlich zu belasten. Gleichzeitig könnten durch strategische Investitionsprojekte dauerhaft Werte für Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt geschaffen und zukünftige Haushalte nachhaltig entlastet werden.
Doch der Erfolg steht und fällt mit der praktischen Umsetzung. Förderkriterien müssen zur Realität der kommunalen Haushalte passen. Die Pflicht zur Erstellung der Wirtschaftlichkeits-berechnungen muss durch organisatorische Standards, Softwarelösungen sowie Beratungs- und Schulungsangebote flankiert werden. Vor allem in kleineren Kommunen müssen für die Umsetzung zukünftiger Investitionsmaßnahmen weitere Kapazitäten aufgebaut werden.
Nicht zuletzt braucht es verbindliche und transparente Verteilmechanismen, damit die 100 Milliarden Euro für die Länder und die Kommunen rechtzeitig und planbar in die kommunalen Haushalte fließen.
Neue kommunale Investitionssteuerung
Das Sondervermögen „Infrastruktur“ ist kein Allheilmittel, aber ein dringend nötiger Schritt, um den immensen Investitions- und Unterhaltungsstau in Deutschlands Kommunen aufzubrechen. Es bietet die Chance, gezielt und zukunftsorientiert in moderne Bildungsstätten, nachhaltige Mobilität, digitale Infrastruktur und lebenswerte öffentliche Räume zu investieren.
In Kombination mit den Instrumenten des Neuen kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens und verlässlichen Wirtschaftlichkeitsberechnungen kann so eine neue Qualität kommunaler Investitionssteuerung entstehen.